Wie profitieren Läuferinnen und Läufer von Carbonschuhen?

Zwei neue Studien über den Nike Vaporfly und ähnliche Carbon-Schuhe zeigen das Interesse von Sportwissenschaftlern, Läufern und Lauffans nach belegbaren Fakten zu deren Wirkung.

Zwei neue Veröffentlichungen bestätigen frühere Forschungsergebnisse, die darauf hinweisen, dass Carbon-Laufschuhe die Marathonleistung um eine bis drei Minuten verbessert haben. Es kommt nicht häufig vor, aber beide Studien sind zum gleichen Ergebnis gekommen. Die neuen Carbon-Laufschuhe wirken sich positiv auf die Laufzeit ein. Die Läuferinnen waren 2:10 Minuten schneller unterwegs.

Die neuen Studien, eine von World Athletics und eine, von einer wenig bekannten, aber obsessiven Statistikgruppe an der Cornell University, unterscheiden sich in anderer Hinsicht geringfügig. Man findet, dass Frauen mehr Vorteile haben als Männer; die andere Studie kommt zu dem gegenteiligen Schluss.

Ende 2016 lagen die Marathon-Weltrekorde der Männer und Frauen bei 2:03:13 und 2:15:25. Drei Jahre später waren sie auf 2:01:39 und 2:14:04 gefallen. Die meisten Laufexperten sind sich einig, dass Schuhe den Unterschied ausmachen.

Der World Athletics Report

Diese Studie, die vor zwei Wochen von Frontiers in Sports and Active Living veröffentlicht wurde, ist im kostenlosen Volltext auf der verlinkten Website verfügbar. Der Erstautor, Stephane Bermon, ist Leiter der Abteilung Gesundheit und Wissenschaft bei World Athletics.

Die WA-Studie konzentrierte sich von 2012 bis 2019 auf die Leistungen der drei schnellsten Läufer der Welt über drei Distanzen (10.000 Meter, Halbmarathon und Marathon). Sie kam zu dem Schluss, dass „Advanced Footwear Technology“, die vor allem Nike Vaporflys und ähnliche Modelle mit Carbonsohlen und entsprechendem Schaum auszeichnen, die Halbmarathon- und Marathonlaufzeiten erheblich verbessert haben. Die größten Auswirkungen wurden bei Läuferinnen und über die Marathondistanz verzeichnet.

Im Marathon verbesserten sich Frauen um durchschnittlich 2:10 und Männer um 1:03 Minuten. Im Halbmarathon waren die entsprechenden Zeitverbesserungen 1:01 und 0:15 Minuten. Die Verbesserungen waren bei nicht-afrikanischen und afrikanischen Läufern gleich. Die letztere Gruppe zeichnet sich für 87% der Spitzenleistungen bei den Männer über die drei Distanzen und 72% bei den Frauen verantwortlich.

World Athletics konnte „eine kleine Anzahl von Athleten“ (etwa ein halbes Dutzend Männer und Frauen) identifizieren, die denselben Marathonkurs vor dem Zeitalter der Carbonlaufschuhe und ein oder zwei Jahre später in Carbonlaufschuhen liefen. Unter diesen einzelnen Läufern verbesserten sich die Frauen um 2:01 Minuten und die Männer um 1:42 Minuten

Durchschnitt der 20 besten Marathonzeiten pro Jahr

	2012	2013	2014	2015	2016	2017	2018	2019
MÄNNER	2:05:02	2:05:16	2:05:14	2:05:56	2:05:08	2:05:20	2:04:33	2:03:59
FRAUEN	2:20:49	2:22:31	2:22:30	2:22:15	2:22:30	2:20:57	2:20:00	2:19:18

Nach 2012 verlangsamten sich die Marathonzeiten, bis die Carbonlaufschuhe 2018 weit verbreitet waren.

Der Cornell-Bericht

Die Cornell-Studie analysierte die Ergebnisse von 22 nordamerikanischen Marathons von 2015 bis 2019. Die Läufer mit Bestleistungen von 2:24 oder schneller (Männer) oder 2:45 oder schneller (Frauen) sind langsamer als die Top-20-Marathonläufer der Welt aus der World Athletic Studie. Insgesamt stellten die Cornell-Forscher fest, dass die männlichen Zeiten um durchschnittlich 2:57 Minuten und die weiblichen Zeiten um 2:10 Minuten sanken.

Die Cornell-Ergebnisse sind tatsächlich bereits seit 15 Monaten verfügbar. Die Studie blieb aber lange Zeit unbeachtet, da die Autoren nicht den traditionellen Weg der Veröffentlichung nach Peer Reviews in Fachzeitschriften eingeschlagen haben. Die Studie ist allerdings hier abrufbar.

Guinness, Statistikprofessor in Cornell und Halbmarathonläufer mit einer Bestzeit von 1:10 Stunden und vier Studenten haben nicht nur leicht zu findende Marathon-Statistiken zusammengetragen, sie untersuchten auch zehntausende Fotos aus dem Internet, um sowohl die Athleten als auch die Schuhe zu identifizieren, die sie trugen.

Beeindruckender weise konnten sie in über 95% der Ergebnisse von 1690 die Schuhe der Läufer identifizieren. „Die Fotosuche war viel schwieriger als der mathematische Modellierungsteil des Papiers“, sagt Guinness. „Fünf von uns haben fast ein Semester gebraucht, um fertig zu werden.“

Der Lohn der Arbeit? Die Cornell-Studie sagt uns viel mehr über individuelle Verbesserungen bei Carbonlaufschuhen als World Athletics. Bei den Männern liefen 74,5% der Marathonläufer, die auf Carbonschuhe wechselten, schnellere Marathons. Bei den Frauen 71,4%. Sie verbesserten sich im Durchschnitt um 2:06 Minuten (Männer) und 1:48 Minuten (Frauen).